„Unser Hund liebt unser Baby, deswegen „küsst“ er es immer“. Diese und ähnlich Aussagen höre ich häufig. Aber ist es wirklich so? Möchte der Hund seine Liebe und Zuneigung ausdrücken oder doch eher erreichen, dass das kleine menschliche Wesen auf Abstand geht?
Der Glaube, dass der Hund das Baby oder Kleinkind immer aus purer Zuneigung abschleckt, kann fatale Folgen haben! Nicht immer möchte der Hund über das Küssen seine Zuneigung ausdrücken.
Wie erkenne ich aber welche Intention hinter einem feuchten Hundekuss steckt?
Hundesprache ist komplex und nicht immer einfach zu entschlüsseln. Wenn ich aber weiß, worauf ich in der Interaktion zwischen Kindern und Hunden achten sollte und mit welchen körpersprachlichen Signalen mein Hund mir mitteilen möchte, dass er sich unwohl fühlt, ist einer großer Schritt in Richtung Kind-und-Hund-Sicherheit getan.
Jennifer Shryock, Family Paws Parent Education, hat beobachtet, dass eine bestimmte Art des Gesicht Leckens anscheinend dazu dient, die Distanz zum Beleckten zu erhöhen. „Kiss to dismiss“ Ihre These ist noch nicht wissenschaftlich erforscht, aber dennoch ist sie sehr hilfreich im Umgang und Zusammenleben von Kindern und Hunden.
Lecken ist für Hunde ein wichtiges Mittel zur Verständigung. Eine Hundemama zeigt über das Ablecken ihrer Welpen ihren Kleinen ihre Zuwendung und Zärtlichkeit. Auch im weiteren Hundeleben bleibt das „Ablecken“ immer ein wichtiger Bestandteil des sozialen Miteinanders – und das nicht nur unter Hunden, sondern auch im Kontakt mit uns Menschen.
Durch Schnauzenlecken kann aber auch beschwichtigendes Verhalten gezeigt werden. Wenn ein Hund die Individualdistanz eines anderen unterschreitet, wird er durch Schnauzenlecken freundlich besänftigt, um Konflikte zu vermeiden.
Auch im Kontakt mit uns Menschen setzt der Hund seine Zunge ein. Wichtig ist immer, die Gesamtsituation und die Körpersprache des Hundes zu beobachten. In welcher Situation befindet sich der Hund? Was könnte seine Intention sein?
Der Hund möchte seine Zuneigung ausdrücken
Das Lecken wird als freundliche Begrüßung oder als Zeichen der Zuneigung eingesetzt.
- Körperschwerpunkt zum Kind hin
- Augen nicht weit geöffnet oder zusammengekniffen
- Keine angelegten Ohren
- Rute nicht eingezogen
Der Hund beschwichtigt und möchte mehr Abstand
Das „Küsschen geben“ wird als Geste eingesetzt, um seinem Gegenüber mitzuteilen, dass die eigene Individualdistanz unterschritten ist. Der Hund fühlt sich unwohl und bittet freundlich um mehr Abstand. Vor allem in der Interaktion mit kleinen Kindern, kann man oft beobachten, dass der Hund dem Kleinkind durchs Gesicht schleckt. Häufig in Situationen, in denen der Hund körperlich eingeschränkt wird und sich bedrängt fühlt.
- Körperschwerpunkt vom Kind weg
- Augen weit geöffnet (Wahlaugen)
- Ohren angelegt
- Glatte Stirnhaut
- Meist hektisches Lecken
Kinder drücken ihre Zuneigung zum Hund gerne körperlich aus. Für unsere Hunde ist diese Art des Liebesbeweises eher unangenehm. Ein Hund der körperlich eingeschränkt wird, (Baby krabbelt in Hundekorb, Kleinkind schlingt eng die Arme um Hundehals) und nicht flüchten kann, wird wahrscheinlich „Distanzschlecken“ zeigen, um sein Gegenüber freundlich um Abstand zu bitten. Es gibt auch diejenigen Fellnasen, die ausharren und hoffen, dass die unangenehme Situation schnell vorbei geht. Damit einem Hundekuss kein Beißvorfall folgt, ist es so unglaublich wichtig, dass Eltern immer Kind-Hund-Interaktionen begleiten und intervenieren, wenn der Hund sich unwohl fühlt, bevor er sich wiederholen muss und die Situation selbständig und aktiv über einen Biss regelt.
Lecken ist also eine natürliche Verhaltensweise unserer Hunde und Hundeküsse können aus unterschiedlichster Intention gezeigt werden. Wer auf die Körpersprache seines Hundes achtet und die gesamte Situation im Auge behält, wird lernen, Situationen besser einschätzen zu können.